GRAZLJUBLJANA
Veronika Hauer | Maja Babič Košir
10.05.–19.06.2024
Eine Kooperation zwischen Galerie Zimmermann Kratochwill und Ravnikar Gallery Space
Galerienförderung der Stadt Graz
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© Essay: Dr. Renée Gadsden, 2024
Der Tod und das Mädchen oder die Rückkehr zum Planet der Affen
Ein kurzer Blick auf das Werk von Maja Babič Košir und Veronika Hauer in der Ausstellung Graz — Ljubljana
Veronika Hauer hat in der Ausstellung Graz — Ljubljana eine sehr spannende Gegenüberstellung von Ideen, Formen, Räumen, Farben und Gestalten geschaffen. Ursprünglich als Einzelausstellung geplant, beschloss Hauer, sich selbst herauszufordern, indem sie eine Künstlerin suchte, mit der sie gemeinsam ausstellen konnte, um neue Wege des künstlerischen Denkens zu erfahren. Dies ist leicht verständlich, wenn man ihre Einstellung zum Leben und zur Kunst betrachtet. Sie ist nicht nur eine vollendete professionelle Künstlerin, sondern auch eine leidenschaftliche Kunstlehrerin. Ihre Lebensphilosophie ist stark auf den Wissensaustausch und die Bereicherung ausgerichtet, die man erfährt, wenn man offen ist für neue Menschen und neue Wege im Umgang mit Materialien. Ihre Intuition, Maja Babič Košir für diese Ausstellung zu gewinnen, hat für alle Beteiligten einen Synergieeffekt geschaffen, der weit über das hinausgeht, was ursprünglich gedacht war. Das ist die beste Funktion von Kunst und kreativer Tätigkeit: Sie bereichert alle, die daran beteiligt sind.
Obwohl die beiden Künstlerinnen auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Anliegen zu haben scheinen, die sie bearbeiten wollen, erkennt man bei näherer Betrachtung ein sehr tiefes gemeinsames Interesse: das Verstehen von Schmerz. Für Hauer ist es der psychische, man könnte auch sagen spirituelle Schmerz, den die Affen durch den Kontakt mit dem Menschen erfahren. Wie sie in Experimenten eingesetzt werden, wie sie von Forschern und Tierpflegern untersucht und scheinbar verstanden werden. Hauers einfühlsame Porträts von Affen als Musiker in einem historischen Orchester sind durch die Betrachtung von Affen-Porzellan-Musikerfiguren aus dem 18. Jahrhundert inspiriert. Sanfte blaue und violette Farben, fließende Linien und zarte Bleistiftstriche, die erst bei genauem Hinsehen sichtbar werden, sind die vorherrschenden Merkmale dieser neuen Arbeiten. Im Stil der Pop Art hat sie auch einen überdimensionalen, mit Steinchen besetzten Kiefernzapfen geschaffen, der eine monströs große Version der Leckereien darstellt, die Affen in Gefangenschaft zu ihrer angeblichen Unterhaltung und „intellektuellen“ Anregung erhalten. Dieser Gegenstand, der wie ein Spielzeug oder etwas Verspieltes aussieht, kann als Symbol für Unterdrückung und Manipulation gesehen werden — unschuldig und nett verpackt. Es ist leicht, Parallelen zum menschlichen Verhalten gegenüber anderen Menschen zu sehen und an unseren unaufhörlichen Zwang erinnert zu werden, Ablenkung und Unterhaltung zu suchen.
Košir hat einen Oberbegriff für ihre ausgestellten Installationen, Skulpturen und grafischen Arbeiten gefunden: „Love is Real“. Ist dies ihre Beobachtung, die weise Schlussfolgerung aus den Irrungen und Wirrungen ihres Lebens, oder ist dies ein an das Universum gerichteter Appell und Wunsch? Die großen Stapel von Kunststoffblättern, der den ersten Raum der Galerie massiv einnimmt, wie riesige Papierstücke auf einem Schreibtisch gestapelt sind, sehen zart aus und sind von Košir teilweise rosa bemalt, was ihnen eine Leichtigkeit verleiht, die ihr tatsächliches Gewicht von über vier Tonnen Lügen straft. Es war eine Meisterleistung des Personals, dieses Werk zu installieren, das eine so kraftvolle minimalistische skulpturale Energie in die schönen Altbauräume der Galerie bringt. Alle ausgestellten Werke wurden aus den Überresten von Materialien geschaffen, die im Atelier ihres verstorbenen Vaters, eines Industriedesigners, zurückgelassen wurden. Seine Materialien zu verwenden, ihnen neues Leben einzuhauchen, sie zu untersuchen und mit ihnen umzugehen, sind Wege, die Košir gefunden hat, um mit dem Schmerz umzugehen, den die Beziehung zu ihrem Vater in ihrer Seele verursacht hat.
Veronika Hauer und Maja Babič Košir haben den Galerieraum in ein Kabinett der Möglichkeiten verwandelt, einen Treffpunkt für die Interaktion zwischen Mensch und Tier, einen Kreuzungspunkt für Emotionen, die über den Tod und die Grenzen der Zeit hinausgehen. Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen der Galerie Zimmermann Krachtowill in Graz und dem Ravnikar Gallery Space in Ljubljana. Der Titel der Ausstellung Graz — Ljubljana erinnert uns an die Einheit Europas, die geografische Realität und die historische Beziehung zwischen diesen beiden Städten. Wir können sehen, dass Österreich und Slowenien, die Vergangenheit und die Gegenwart, Tiere und Menschen, Teil eines größeren Ganzen sind, das wir gemeinsam verwirklichen können. Der Einzelne kann Schatten und Dunkelheit überwinden, um das Licht zu suchen. Die Gesellschaft als Ganzes kann das Gleiche tun. Die Beziehung zwischen Tieren und Menschen kann von Respekt geprägt sein. Wir, die Zuschauer der Ausstellung, sind visuell erfreut und werden gleichzeitig zu einer tieferen Betrachtung der Grundlagen der Existenz angeregt.
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© Essay: Dr. Renée Gadsden, 2024
Death and the Girl, or Return to the Planet of the Apes
A brief look at the work of Maja Babič Košir and Veronika Hauer in the exhibition Graz—Ljubljana
Veronika Hauer has created a very exciting juxtaposition of ideas, shapes, spaces, colors and forms in the exhibition Graz — Ljubljana. Originally intended to be a solo show, Hauer decided to challenge herself by looking for an artist to exhibit with, in order to experience new ways of artistic thinking. This is easily understandable when looking at her approach to life and art. Not only is she an accomplished professional artist, she is also a passionate art teacher. Her philosophy of life is highly oriented on the exchange of knowledge and the enrichment one receives from being open to new people and ways of using materials. Her intuition to ask Maja Babič Košir to join her for this show has created a synergy effect for all involved, far beyond what was originally thought of. That is the function of art and creative activity at its best, enriching all who are taking part in it.
At first glance, the two artists seem to have very different concerns that they want to work through and work on. Upon further consideration, one can see a very deep common interest: how to understand pain. For Hauer, the psychic, and one could even say, spiritual, pain that monkeys experience through their contact with humans. How they are used in experiments, how they are studied and apparently understood by researchers and zookeepers. Hauer’s sensitive portraits of monkeys as musicians in a historical orchestra, inspired by her looking at 18th century monkey porcelain musician figurines, are dreamily psychedelic. Gentle blue and purple colors, flowing lines and delicate pencil strokes which only become visible upon close inspection are the predominant features of these new works. She also has created, in Pop Art style, an oversized pine cone spiked with little stones that is a monstrously sized version of the treats that monkeys in captivity are given, for their alleged entertainment and “intellectual” stimulation. This object, which looks like a toy or something playful, can be seen as a symbol of oppression and manipulation — packaged innocently and nicely. It is easy to recognize parallels in patterns of human behavior towards other humans, and to be reminded of our ceaseless compulsion to seek distraction and amusement.
Košir has an umbrella term for her installation, sculptures and graphic works on display: “Love is Real”. Is this her observation, the wise conclusion of her life’s tribulations, or is this a plea and a wish directed at the universe? The large stack of plastic sheets that massively take over the first room of the gallery, like giant pieces of paper stacked up on a desk, look delicate and are painted partially pink by Košir, giving them an airiness that belies their actual weight of over four tons. It was a tour de force of the staff to install this work that brings such powerful Minimalist sculpture energy to the beautiful Altbau rooms of the gallery. All of the works on display have been created from the remnants of materials left behind in the studio of her deceased father, an industrial designer. Using his materials, giving new life to them, examining and handling them, are ways that Košir has found to manage the pain that her relationship with her father created in her soul.
Veronika Hauer, together with Maja Babič Košir, have transformed the gallery space into a cabinet of possibilities, a meeting point for human and animal interaction, a crossroads for emotions that transcend death and the boundaries of time. The show is a cooperation between the Gallery Zimmermann Krachtowill in Graz and the Ravnikar Gallery Space in Ljubljana.The show’s title Graz—Ljubljana reminds us of the unity of Europe, the geographical reality and the historical relationship between these two cities. We can see that Austria and Slovenia, the past and the present, animals and humans, are part of a greater good that we, together, can make a reality. The individual can overcome shadows and darkness to seek the light. The society as a whole can do the same. The relationship between animals and humans can be one of respect. We, the viewers of the show, are visually delighted while being provoked to deeper consideration of the fundamentals of existence.
The exhibition GRAZLJUBLJANA arises from the idea of connecting the two geographically close cities of Graz and Ljubljana and their art scenes more closely through a joint exhibition. On the initiative of Galerie Zimmermann Kratochwill, Ravnikar Gallery Space and artist Maja Babič Košir were invited to create an exhibition together with Graz-based artist Veronika Hauer. While each artist will show her most current work in an individual room of the gallery – Love is Real by Maja Babič Košir and blue and melting by Veronika Hauer, their practises will collide in the room situated at the heart of the gallery. Here, both artists meet in an interplay of their works and show subtle similarities in their artistic engagement, such as the layering of material and lines.
Maja Babič Košir shows her newest installation Love is Real and invites us to an intimate exploration of loss and memory. Through a deeply personal lens, she navigates the complexities of grief following the death of her father, transforming found objects from her family’s archives into vessels of confrontation and thus invites us to confront our own mortality and ultimately, to find solace in our capacity to love.
Veronika Hauer`s newest installation blue and melting uses the so-called monkey chapel of the porcelain factory Meissen as a motif. Here, the monkeys playing music blur and merge, revealing a distorted image of the human gaze on their counterparts. An oversized melting pine cone with inserted glass beads satirized objects of so-called species-appropriate animal husbandry.
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Veronika Hauer
Born 1981 in Klosterneuburg (AT) lives and works in Graz (AT). Veronika Hauer holds a Master’s degree in Contemporary Art Theory from Goldsmiths College London and a Master’s degree in Art and Communication Practices and Textiles from the University of Applied Arts Vienna. She also pursued studies of graphic design at the École supérieure d`Arts graphiques in Paris. She was co-founder and editor of the online magazine on contemporary art Nowiswere (2008-2015). From 2010 – 2019 she worked as a lecturer on Performance Art and Performative Practices at the University of Applied Arts Vienna (Department of Art and Communication Practices). The human gaze on monkeys and their contrasting function in European cultural discourse over the centuries are the focus of the current drawings and objects by Veronika Hauer, who has devoted her work to portraits of monkeys several times since 2019. In her drawings, the music-making, singing and conducting monkeys from the so-called monkey chapel by the German porcelain factory Meissen blur and melt, and reveal a distorted image of this only apparently humorous representation of the monkey.
Veronika Hauer`s work is widely presented nationally and internationally in venues such as Project8 Gallery Melbourne, Parallel Vienna, Galerie Zimmermann Kratochwill, Kunstverein Baden, Grazer Kunstverein, IG Bildende Kunst Vienna, ICA London, Galerie im Taxispalais, Innsbruck, Glasgow International Festival, <rotor> Graz, Akademie Graz, Forum Stadtpark and Kunsthaus Graz. She is winner of the con-tempus art award and the art funding award of the city of Graz.
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Maja Babič Košir
Born in 1978, Ljubljana (SI) Lives and works between Ljubljana (Sl) and Porto (PT) Maja Babič Košir holds both a Bachelor’s and Master’s degree in sculpture from the Academy of Fine Arts and Design in Ljubljana. Following her academic journey, she pursued advanced studies in creative illustration and visual communication at EINA University School of Design and Art in Barcelona. Rooted in contemplative, introspective principles, her intuitive creative process draws from personal history and surroundings, translating inner experiences into a visually compelling narrative. The multidimensionality achieved through layering materials in installations challenges decorativeness, reflecting her background in contemporary sculpture. Her practice serves as a transformative archive, embracing imperfections, exploring the plasticity and sensory dimensions of recycled materials found in rich and well-preserved family archives. In her versatile artistic practice, Maja often collaborates with established international artists, such as Duba Sambolec, Nevena Aleksovski, and Diana Tamane. Bound by their common positions as women and artists, through their artistic dialogue and minimalist visual language, the artists explore various contemporary societal issues. She actively participates in international contemporary art fairs and shows, showcasing her work at established venues such as the Museum of Modern Art in Ljubljana, Slovenia; UGM Maribor Art Gallery; Cukrarna in Ljubljana; ARCO Lisboa; SPARK Vienna; NADA Warsaw, Berlin Art Week; Vienna Contemporary; SWAB Barcelona; and Zürich Art Weekend. She has won several awards and acknowledgments, and her works are housed in various private and public collections.
Opernring 7, 8010 Graz, Austria | Hours: Tuesday to Friday, 2 pm to 6 pm, Saturday, 10 am to 1 pm and by appointment | T: +43 316 82 37 54 – 0 | powered by artbutler