Aus einer teerigen Fläche, die an einen Ölfilm denken lässt, zugleich an
ferne Kraterlandschaften erinnert und deren Farbe, je nach Blickwinkel,
glänzend schwarz, dann wieder mattgrau erscheint, ragen unzählige
kleine Hölzchen. Bei näherer Betrachtung entpuppen sie sich als kurz
geschnittene Teile getrockneter Grasstängel. Ihre Anordnung
lässt unterschiedliche Assoziationen zu: Modell eines seltsam gerodeten
Waldes – gekappte Stämme ohne Wipfel und Äste, Hochhausmeer auf
Lagunenland, Schnittbild einer Bewegung. Oder Formation heller Punkte
auf dunklem Grund, ähnlich jenen Nachtaufnahmen, die von
der Internationalen Raumstation aus rund 350 Kilometer Höhe von der Erde
angefertigt wurden und menschliche Infrastrukturen als flechtenartig
sich ausbreitendes leuchtendes Netzwerk zeigen.
Klaus
Wankers jüngste Werkserie siedelt, wie schon frühere Arbeiten in seinem
Œuvre, zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. Unter dem Titel
Kontaminierte Erinnerung (2020/21) werden darin organische Strukturen in
reduzierte Ordnungen überführt, die geometrisch konstruiert wirken und
dabei fantastisch-dystopische Landschaften evozieren. Modellwelten, die
zugleich auf größere Räume verweisen, Mikro- und
Makrokosmen gleichermaßen darstellen. Eine Dynamik ergibt sich aus dem
Oszillieren zwischen der reduzierten Formensprache und der imaginären,
rätselhaften Qualität der Bilder, die Vorstellungen von endzeitlichen
Welten provozieren, von Landschaften als ruinösen, verlorenen Zonen.
Sie rufen, wie auch Wankers Installation Inseln der Seligen. (GIER,
2019), Erinnerungen an Schauplätze in uns wach, wie wir sie aus
filmischen Apokalypsen kennen, namentlich aus Science-Fiction-Szenarien,
die von der Suche nach alternativen, neuen Welten angesichts einer
zunehmend unwirtlich gewordenen Erde erzählen. Oft ist es in
solchen Erzählungen der Mensch selbst, dessen Aktivitäten zur
Katastrophe, zu einem Kontrollverlust geführt haben, zu apokalyptischen
Zuständen ohne Aussicht auf Erneuerung und zu einem Untergang, auf den
nichts Gutes mehr folgt – eine Vorstellung, die sich im 20.
Jahrhundert nicht zuletzt durch die Erfahrungen der Atombombenabwürfe
und eines drohenden Atomkriegs tief in unser kollektives Bewusstsein
eingeschrieben hat: Erstmals scheint der Mensch in der Lage, die Erde
und alles, was auf ihr lebt, zu vernichten.
Auszug aus Melancholische Zonen. Zur Werkserie Kontaminierte Erinnerung von Klaus Wanker von Katharina Manojlovic
KLAUS WANKER
Dancing on black ice
04.03.2023 – 15.04.2023
Eröffnung & Buchpräsentation:
Kontaminierte Erinnerung
04.03.2023, 10:30 Uhr
Der Künstler ist anwesend!
Zur Vernissage spricht Peter Peer
– Neue Galerie Graz –